Kundenservice aus der Hölle

Veröffentlicht auf 6. November 2014

Kundenservice ist – oder wäre – eine feine Sache, zumindest in den richtigen Maßen. Amerikanische Verhältnisse, bei denen ein Supermarktmitarbeiter verpflichtet ist jeden Kunden innerhalb von 20 Sekunden debil grinsend anzusprechen, braucht vermutlich niemand. Jeden noch so kleinen Einkauf eingepackt und zum Wagen getragen bekommen eigentlich auch nicht. Wenn aber wirklich etwas kaputt ist, es ein ernsthaftes Problem gibt oder man schlicht Informationen benötigt, ist man auf freundliche, kompetente und erreichbare Mitarbeiter angewiesen. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, werben doch immerhin viele Unternehmen damit, genau hier ihre besondere Stärke zu sehen. Tatsächlich erscheint es in vielen Fällen jedoch erheblich sinnvoller die Arme in die Luft zu werfen und schreiend im Kreis zu rennen, als den Kundendienst in Anspruch zu nehmen. Sieben Unternehmen, bei denen meiner Erfahrung nach guter Rat nicht teuer, sondern einfach nicht zu haben ist

Kundenservice aus der Hölle
Ebay: Drei… zwei… eins… ist da jemand?!

Wer sich bei ebay nicht ans öffentliche Forum wenden und auch keinen Telefonanruf bei den äußerst barschen Servicekräften wagen mag, überlegt sich vielleicht, sich an einer Email versuchen – immerhin handelt es sich um ein Onlineauktionshaus. Wer hier aber Hilfe erwartet hat weit gefehlt. Zwar gibt es ein hübsches, blaues Briefsymbol, mit „Schreiben sie uns eine Email“ überschriftet, das aber führt nur zu einem Themenkatalog, dieser zu einem neuen Themenkatalog, dieser… Am Ende steht die ironisch anmutende Frage „Konnten wir Ihnen weiterhelfen?“ [JA] [NEIN] Das war’s. Um genau zu sein gibt es nicht einmal ein Impressum mit Emailadresse – ich wusste nicht, dass das überhaupt legal ist.

Post: Meine ewige, große Liebe

Da erklärt mir doch ein Versender aus England, das gewünschte Päckchen in Standardgröße zu verschicken würde 50-70€ kosten. Da mir das dann doch ein klein wenig teuer erschien (Nachtrag: Das entsprach der Wahrheit, ich rate dazu niemals!! Geschäfte mit der UK zu machen!!), frage ich bei DHL, die er als Lieferservice angibt, nach. Zuvor ergab eine kleine Recherche zunächst den Preis von etwa 7€ für einen Versand im Inland und etwa 14€ für einen Versand NACH England, umgekehrt fand ich allerdings keine entsprechende Tabelle. Also eine schnelle Mail mit der Frage und den Paketmaßen an DHL’s Kontaktadresse. Die Antwort ist verspätet und ernüchternd: Das wisse man nicht. Man würde zwar mit DHL senden, das Paket vor Ort jedoch der Landespost übergeben, die Preise dafür kenne man nicht. Als wäre ich der erste Mensch, der ein Paket von England nach Deutschland schicken will. Ich könne aber gerne die Kollegen in England kontaktieren. Na das ist ja schön. Sollte nicht eigentlich genau das die Aufgabe des genannten Services sein? Anscheinend nicht. Und die Unwissenheit war dem Mitarbeiter nicht einmal peinlich, im Gegenteil, er fügte großmütig noch einen Link der DHL UK bei, bei dem ich mich melden dürfe. Leider war selbst dieser falsch, man darf also davon ausgehen, dass er selbst ihn niemals ausprobiert hat. Eigentlich hätte mir das auch klar sein müssen: Einzig die Post ist imstande „Finden Sie es gefälligst selbst heraus“ unter Service zu verstehen.

Sonim: The person you have called…

Im letzten Urlaub war mein ansonsten tadellos funktionierendes, beinhartes Outdoor-Handy nicht in der Lage eine vernünftige Verbindung zu halten, obwohl ausreichend Netz vorhanden war. Das war ärgerlich. So die kurze Problembeschreibung. Die detaillierte Version geht an den Support des Herstellers, bei dem „freundlichen und spezialisierten Kundendienstrepräsentanten“ „rund um die Uhr per E-Mail erreichbar, um sich um Ihre Bedürfnisse zu kümmern“ auf mich warten. Hört sich toll an. Die Antwort beginnt folgendermaßen: „Sehr geehrte Damen und Herren, bitte entschuldigen Sie sich für die verspätete Antworten.“ Aha? Tu ich? Dann folgt erklärungslos die Bitte um fast ein Dutzend Daten, die überwiegend nicht das Geringste mit dem Problem zu tu zu haben scheinen (Kopie der Rechnung??) und darauf zwei ungebetene Anrufe. Und schließlich eine weitere Mail, die mir in katastrophalem Deutsch erläutert, wie ich den Akku neu einsetze, lade und ein paar andere sinnlose Kapriolen veranstalte. Ein Bezug zum genannten Problem ist nirgendwo erkennbar. Ich schicke noch zwei weitere Mails hinterher, mit der Kopie des ursprünglichen Textes und der höflichen Bitte diesen doch zu lesen und zu beantworten – das ist nun drei Wochen her, ohne irgendeine Reaktion hervorgerufen zu haben, und ich fürchte, die kommt auch nicht mehr.

TK: In einem gesunden Körper…naja vielleicht auch nicht

Bekanntermaßen gibt sich die Techniker durchaus Mühe mit ihren Kunden und so suche ich frohgemut nach Informationen auf ihrer Webseite, konkret darüber, wie es mit der Auslandsreiseversicherung sowie der Bezahlung der notwendigen Impfungen aussieht. Da lese ich nun in etwa „Die Auslandsreiseversicherung gilt für die EU und alle Länder, mit denen entsprechende Verträge geschlossen wurden.“ Prima, und welche genau sind das? Und weiter: „Je nach Bundesland können die Impfungen direkt mit der Karte bezahlt werden, wenn nicht müssen die Rechnungen nachträglich eingereicht werden.“ Auch gut, fragt sich halt nur, was für mein Bundesland gilt! Mit diesen beiden doch recht entscheidenden Fragen wende ich mich also vertrauensvoll an den Servicechat - praktische Sache eigentlich. Zur Antwort allerdings bekomme ich kommentarlos zwei Links. Ich klicke darauf und lande just auf den beiden Informationsseiten, die ich gerade ratlos verlassen habe. Das erkläre ich auch dem Mitarbeiter, inklusive Zitat der unklaren Passagen. Zur Antwort bekomme ich… genau, noch einmal dieselben Links. Ich frage ihn, ob er mir bewusst noch einmal das Gleiche geschickt hat…? Die knappe Erwiderung lautet: „Ja.“ An dieser Stelle beende ich das Gespräch und versuche mein Glück lieber am Telefon, da sich dieser Mitarbeiter augenscheinlich gerade nicht im Vollbesitz seines Gehirns befindet.

Alnatura: Ruhe sanft

Für eine Bekannte älteren Semesters war ich auf der Suche nach einer Matratze, die ihrer Gesundheit gerecht wurde. Da mir Alnatura wärmstens empfohlen wurde, tat ich mich also auf deren Homepage um. Dort wurde für alle etwaigen Fragen auf ein gigantisches, seitenlanges Formular hingewiesen, das mit gefühlt 200 Fragen aufwartete. Nun ging es also darum in welcher Lage, Kleidung, in welchem Raum, um welche Uhrzeit, mit welcher Decke […] man denn zu schlafen pflege. Natürlich wusste ich das meiste davon nicht, ab davon, dass es für meine Frage natürlich total irrelevant war. Also arbeitete ich mich bis zum Emailformular vor, erklärte meine Frage und unterschrieb – wie üblich, wenn es nicht offiziell ist – mit meinem Nickname. Zur Antwort bekam ich einzig, dass man ein seriöses Unternehmen sei und ich deswegen meinen vollen Namen angeben solle, andere Informationen bekam ich nicht. Allerdings den Hinweis auf den schon bekannten Fragenkatalog (den man jedoch auch nur unter Angabe von Name und Adresse abschicken kann). Klar hätte ich das nun einfach beantworten können, aber die Dreistigkeit an der Antwort wurmte mich dann doch. Meine Bitte mir, als seriöses Unternehmen doch bitte einfach meine Frage zur Schlafstätte zu beantworten und die Erkundigung, wozu exakt man dabei meinen Namen benötigen würde, verhallten unbeantwortet. Ökoshop als Datenkrake? Unhöflich jedenfalls mindestens.

Die Bahn: Fährt sie, oder fährt sie nicht, das ist hier die Frage

Der kürzliche Streik der Deutschen Bahn hat auch mich erwischt, da ich einen unaufschiebbaren Termin in unserer Hauptstadt hatte. Dazu sollte ich vielleicht sagen, dass ich per se ein Befürworter des Arbeitskampfs bin und außerdem sämtliche Bahner, mit denen ich am Tag meiner Rückfahrt zu tun hatte, enorm hilfsbereit waren. Mit Ausnahme der Dame am Telefon. Mein Zug sollte Sonntag um 14Uhr gehen, es war samstags um 21Uhr, und ich wusste schon, dass ich am nächsten Tag zu viel Stress für größere Recherchearbeiten haben würde. Auf der Homepage war ich zu diesem Zeitpunkt bereits, demnach fuhr mein Zug, oder eben auch nicht, ansonsten nur der Hinweis auf die Hotline. Dort wurde ich erst einmal per Bandansage auf die Homepage hingewiesen, konnte dann aber doch einen Menschen erwischen. Dieser wies mich allerdings nur recht unhöflich daraufhin, dass es erst 12 Stunden vorher Informationen geben würde. 12 Stunden? Na klar, ich rufe heute Nacht um zwei an. 24 Stunden wären nicht übertrieben, fand ich. Fand die Dame am Telefon aber schon. Dann mal so hypothetisch, was ich denn tun solle, fiele der Zug aus? Einen anderen nehmen. Na da werde ich wohl nicht die Einzige sein. Was ich machen solle, wenn das aufgrund von Überfüllung nicht möglich wäre? Wisse sie nicht. Ok, anderer Versuch. Ob ich dann einen Flug oder einen Fernbus nehmen dürfe? Wisse sie auch nicht. Rücksprache, dann, immerhin, einen Bus dürfte ich nehmen. Vielleicht. Unfreundlich. Ich könne ansonsten ein Taxi nehmen, bis zu 80€ würden dafür bezahlt. Taxi?? Ich fragte nicht, ob sie getrunken habe, sondern nur, inwieweit sie sich der geographischen Lage von Köln und Berlin bewusst sei. Fand sie gar nicht so lustig. Ich eigentlich auch nicht.

Geschrieben von Cailb

Veröffentlicht in #Frustbox

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G
Kundenservice, und Reißverschlussverfahren; es gibt halt Dinge, die die Deutschen nie lernen werden. :-/ :(
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C
Alte Gewohnheiten sind eben schwer abzulegen… aber bei diesen und anderen ist es unabdingbar, wenn sich die Akteure nicht ruinieren wollen. <br /> <br /> Cailb