Wenn der Potsdamer Postkutscher… (Teil II)

Veröffentlicht auf 7. Dezember 2013

… einem ein Päckchen ausliefern will und den Empfänger nicht antrifft, wirft er üblicherweise einen kleinen, gelben Zettel ein. So einen fand ich vor nicht allzu langer Zeit in meinem Briefkasten. Irritierenderweise war dort aber nicht etwa „Päckchen“ angekreuzt, sondern „Brief“ – nicht „Einschreiben“. Und angeblich lag es auch nicht beim Nachbarn, oder wenigstens in der hiesigen Postfiliale, sondern im Postamt zwei Orte weiter. Das konnte ja so gar nicht sein, dachte ich mir, und da die Öffnungszeiten nicht sonderlich konform mit meinen Vorlesungszeiten waren (genauer gesagt waren sie eigentlich zu konform), beschloss ich zunächst dort anzurufen und mich zu erkundigen. Irritierenderweise fand ich zwar alles Mögliche, aber keine Telefonnummer, und so rief ich notgedrungen die allgemeine Hotline der Post an, die würden die Nummer wohl haben.

Hatten sie nicht. Der junge Mann am anderen Ende erläuterte mir jovial, dass man weder die gewünschte Information bereitstellen, noch anstatt meiner für mich dort anrufen könne. Wieso? Wüsste er nicht. Neues Servicekonzept? Verwirrung statt Kundennähe? Man mag es nicht erraten.

Wenn der Potsdamer Postkutscher… (Teil II)

So oder so blieb mir dann doch nichts Anderes übrig, als ein bisschen Uni zu schwänzen und vorbei zu fahren. Vielleicht war es ja wenigstens etwas Schönes, vielleicht hatte ich ja etwas gewonnen oder so. Würde zumindest den Aufwand rechtfertigen. Was ich dann jedoch in die Hand gedrückt bekam, war eindeutig ein kleines Päckchen, von Umschlag keine Spur. Auf meine etwas unfrohe Nachfrage, warum das dann nicht beim Nachbarn geblieben wäre, anstatt mich quer durch die Weltgeschichte zu scheuchen, wurde mir Folgendes erläutert:

Das hier sähe zwar nicht so aus, sei aber ein Brief. Das sah tatsächlich nicht so aus! Doch, doch, das sei als Brief frankiert, also sei es ein Brief, und eben den dürfe man nicht bei den Nachbarn lassen. Aber natürlich sei das hier ja auch viel zu dick, um durch den Einwurfschlitz zu passen. Wieso es nicht bei meiner eigenen Filiale gelandet sei, könne sie mir aber auch nicht erklären. Nur plötzliche, dafür aber umso intensivere Müdigkeit, die Post konkret und die Welt im Ganzen betreffend, hinderte mich daran einen Satz über den Tresen zu tun und die Dame einfach zu fressen.

Einige Zeit später besuchte ich stattdessen mein eigenes Postamt (ein richtiges, mit zwei Postangestellten, nicht bloß ein Lotto Toto mit Umschlägen!) wegen einer anderen Sache, und entschied dort noch einmal nachzufragen, wieso sie meinen „Brief“ eigentlich nicht bekommen hätten – wer weiß schon, wann das das nächste Mal passiert. Ich skizzierte kurz die Situation, und die Antwort folgte ebenso freundlich wie prompt:

Nein, das sei schon richtig so, mit Briefen habe man hier nichts zu tun!

Geschrieben von Cailb

Veröffentlicht in #Frustbox

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